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WPW-Syndrom als Ursache für Herzrasen

Nachgespräch mit Befundbildern auf dem Monitor (v.l.): Kardiologen Ebubekir Tilki und Dr. Rainer Grove vom Klinikum Osnabrück mit Friedhelm Timmermann.

Angeborene Anomalie kann sich auch im hohen Alter erstmals bemerkbar machen

Er war plötzlich von Herzrasen betroffen, dann ist ihm kurz schwarz vor Augen geworden und er ist gestürzt, das eine Augenlid hing herunter: Als sich diese Symptome bei ihm eingestellt hatten, waren Friedhelm Timmermann (81) und seine Frau besorgt, dass es ein Schlaganfall sein könnte. Dieser Verdacht bestätigte sich dann im Klinikum Osnabrück zum Glück nicht, sondern es war, wie Timmermann schildert, eine seltene angeborene Anomalie, die das Herzrasen ausgelöst hatte.

WPW-Syndrom (Wolff-Parkinson-White) nennt sich diese Erkrankung, von der nach Angaben von Dr. Rainer Grove, dem Sektionsleiter „Rhythmologie“ der Klinik für Kardiologie des Klinikums Osnabrück, nur etwa drei von 1000 Menschen betroffen sind. Bei diesen Menschen sind eine oder mehrere zusätzliche Leitungsbahnen im sogenannten „Erregungskreis“ des Herzens vorhanden, einem eigenen System des Organs, das mit winzigen elektrischen Impulsen den Herzmuskel antreibt. Die überflüssigen Leitungen können, wie Grove und der Kardiologie-Oberarzt Ebubekir Tilki erklären, so etwas wie Kurzschlüsse auslösen. Dabei werden plötzlich lauter unerwünschte Impulse ausgesendet, die eine extrem schnelle Herztätigkeit auslösen.

„Bei jungen Menschen kann der Puls dadurch bei über 200 Schlägen pro Minute liegen“, so Grove. „Das kann zu Schwindel oder Ohnmachten führen – aber vor allem wird das Herzrasen meist als beängstigend empfunden. Beim WPW-Syndrom kann das Herzrasen sogar besonders lange anhalten – in extremen Fällen tage- oder sogar wochenlang.“ Wie er berichtet, ist ein solcher Fall zuletzt vorgekommen, zufällig gleichzeitig mit Friedhelm Timmermann. „Da es sich um eine angeborene Anomalie handelt, tritt das Herzrasen bei vielen Menschen mit dem WPW-Syndrom bereits auf, wenn sie noch Kinder oder Jugendliche sind. Es kann auch sein, dass sich die Symptome erst im Erwachsenenalter einstellen“, verdeutlicht Grove. „Dass sie erst in einem gehobenen Alter auftreten, ist hingegen ungewöhnlich. Gerade bei älteren Betroffenen kann es gefährlich sein, deswegen ist es wichtig, dass darauf geachtet wird.“

Bei Friedhelm Timmermann ist das Herzrasen nach seinen Worten vor drei oder vier Jahren erstmals vorgekommen. „Ich hatte ohne jeden Grund auf einmal einen Puls von 150 Schlägen. Aber es war nach ein paar Minuten vorbei und hinterher konnte nichts mehr festgestellt werden. Danach ist es erst wieder aufgetreten, bevor ich damit ins Klinikum gekommen bin.“

Wie Grove erklärt, lassen sich die Rhythmusstörungen nachträglich im EKG nicht nachweisen. „Bei den meisten Menschen kommt es zwei- bis dreimal jährlich vor, also regelmäßig. Aber wenn die Beschwerden vorbei sind, ist im EKG nichts Auffälliges mehr zu sehen.“ Dadurch bleibe das WPW-Syndrom manchmal recht lange unerkannt. „Und bei älteren Patienten liegt es näher, erst an eine andere Art von Herzrhythmusstörung zu denken.“

Wer von ungewöhnlichem Herzrasen betroffen ist, sollte, wie Oberarzt  Tilki ergänzt, die Attacken keinesfalls vernachlässigen. „Bei Herzrasen sollten ohnehin die Ursachen ausgelotet werden“, so Tilki. „Aber das WPW-Syndrom kann gerade mit steigendem Alter oder in Kombination mit Alkohol gefährlich werden.“ Besonders ungünstig sei es, wenn gleichzeitig mit dem Herzrasen noch weitere Herzrhythmusstörungen und insbesondere Vorhofflimmern auftreten. „Dafür steigt das Risiko, je älter ein Mensch wird. Deswegen ist es wichtig, dass ein WPW-Syndrom rechtzeitig erkannt und behandelt wird.“

Wie die Ärzte erklären, lässt sich gegen das Herzrasen durch das WPW-Syndrom nicht wirkungsvoll mit Medikamenten vorgehen. „Die Therapie der Wahl ist ein kleiner Eingriff, bei dem wir die zusätzliche Leitungsbahn bei einer speziellen Herzkatheter-Untersuchung mit Wärme veröden“, erklärt Grove. „Der Eingriff kann mit örtlicher Betäubung gemacht werden. Hinterher ist die Leitung abgeschnitten und sie kann keine Impulse mehr übertragen.“ Grove hat seit 1996 bereits über 500 derartige Eingriffe – Ablationen – durchgeführt. „Zurzeit nimmt die Gesamtzahl der Eingriffe ab, weil die Jahrgänge heute kleiner als früher sind. Aber es bleiben drei von 1000 Menschen davon betroffen – außerdem ist nie klar, in welchem Alter sich die Symptome einstellen.“

Der in Westerkappeln lebende Friedhelm Timmermann wünscht sich, dass er mit seinem Beispiel dazu beitragen kann, andere Betroffene anzuregen, die Ursachen für Herzrasen ausloten zu lassen. „Bei diesem Eingriff muss niemand besorgt sein. Er war ganz unkompliziert und mir geht es seither wieder gut – Herzrasen hatte ich nicht mehr“, sagt Timmermann. „Und beim Augenlid war ein verletzter Nerv die Ursache. Auch das ist wieder in Ordnung.“

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